Seele und Jugend


Da meiner Kindheit Traum
So rasch entflieht
Wie Vogelflug vom Baum,
Der talwärts zieht –
Da mich des Schöpfers Gnade
In Irre wies,
Nur unbeständige Pfade
Und Hoffnung ließ –


So komm mit goldnem Flug,
Du Jugendzeit,
Die Seele ist zum Zug
Ins All bereit.
Komm, eine mit der andern,
Wie Duft und Licht,
Laß uns zusammen wandern
In Zuversicht.


Du Schöne bist das Kleid,
Der Perlbehang,
Mit dem Verborgenheit
Mich sanft umschlang.
Es schützt die scheue Meise
Der Rosenstrauch,
Du birgst und schützest leise
Mich Scheue auch.


O schmerzgebeugtes Haupt
Durch lange Nacht,
Die noch an Liebe glaubt,
Jugend, hab acht!
In Stürmen lebt die Liebe,
Und wer sie stellt,
Wie mutig er auch bliebe,
Wird leicht zerschellt.


Gott ist die Liebe; nur,
O Jugend, sieh,
Such ihre Flammenspur
Hier drunten nie:
Kein Blühn und keine Gabe
Uns bleiben kann;
Die Kränze ziehn zum Grabe,
Die Liebe himmelan.


Wie lange noch, und ich
Seh dich nicht mehr,
Die Wege trennen sich.
Wir weinen sehr.
Zu andrer Seele wendest
Du dich ohn’ Frist,
Die du dich nie verschwendest
Und ewig bist.


Hin wo die Stunde schlägt,
Dein Flügel zieht,
Der Strom ins Weite trägt,
Der Tag entflieht –
O Jugend, froher Falter,
Dort schwebst du hin,
Da ich vom bleichen Alter
Ummauert bin.

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